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40 Milliarden plus für die Staatskasse

Der Vorschlag unseres Gründungsvorsitzenden Prof. Dr. Bernd Lucke zur sofortigen Einhaltung der Schuldenbremse – ohne „Notlage“ und Trickserei:

Das Karlsruher Urteil zur Schuldenbremse hat ein windiges haushaltsrechtliches Konstrukt der Bundesregierung zum Einsturz gebracht. Nun klaffen riesige Löcher in der Haushaltsplanung für 2024. Das Bundesverfassungsgericht untersagt es, die Schuldenbremse zu umgehen oder sie regelmäßig durch das Ausrufen irgendeiner Notlage auszusetzen.

Das ist zunächst einmal ein richtiges und wichtiges Urteil. Das Grundgesetz verlangt, dass die Ausgaben des Staates strukturell durch Einnahmen des Staates gedeckt sind. Davon darf man in akuten Notlagen oder bei Naturkatastrophen kurzfristig abweichen. Auch in konjunkturellen Krisen darf man eine höhere Verschuldung haben, wenn man sie bei guter Konjunktur wieder zurückführt. Aber das Grundgesetz lässt nicht zu, dass Ausgaben, die über Jahrzehnte hinweg erforderlich sein werden, dauerhaft durch Staatsverschuldung finanziert werden.

Um derartige Ausgaben geht es: Maßnahmen gegen den Klimawandel, ein Umbau der deutschen Wirtschaft hin zur CO2-Neutralität, der Aufbau einer verlässlichen und wettbewerbsfähigen Energieerzeugung. Wichtige Vorhaben, die wir im Interesse künftiger Generationen vorantreiben. Es ist aber auch im Interesse künftiger Generationen, dass diese Maßnahmen solide finanziert werden. Nicht durch Schulden zu Lasten der jungen Generation, sondern durch reguläre Staatseinnahmen.

Es geht um mindestens 60 Mrd Euro an ungedeckten Ausgaben – allerdings verteilt über mehrere Jahre. Die Ampelkoalition ist ratlos, wo sie die Einnahmen erzielen soll. Grüne und SPD wollen deshalb die Schuldenbremse aufweichen. Aber sie übersehen einen viel naheliegenderen Weg. Sie könnten durch einfache Gesetzgebung jährlich bis zu 40 Mrd Euro vereinnahmen, wenn sie ungerechtfertigte, leistungslose Gewinneinkommen bei deutschen Kreditinstituten abschöpfen würden.

Es geht um einen Vorgang, der skandalös ist, und doch kaum thematisiert wird: Die Europäische Zentralbank (EZB) zahlt seit Beginn der Zinswende im letzten Jahr enorme Zinszahlungen an die Geschäftsbanken der Eurozone. Der Hintergrund ist folgender: Seit 2015 hat die EZB eben diesen Geschäftsbanken riesige Mengen an Wertpapieren, vor allem Staatsanleihen abgekauft. Dafür hat sie den Geschäftsbanken ungefähr 4 Billionen Euro gezahlt, davon rund 1 Billion Euro an deutsche Kreditinstitute. Die armen Banken wussten gar nicht, wohin mit dem vielen Geld. Es liegt noch immer als sog. „Überschussreserve“ auf Konten, die die Geschäftsbanken bei ihren nationalen Zentralbanken unterhalten.

Als die Zinsen letztes Jahr zu steigen begannen (von unter null auf jetzt 4 %), rieben sich die Banken die Hände. Denn anders als die niedrig verzinslichen Staatsanleihen trugen ihre Überschussreserven bei der EZB plötzlich Zinsen. Die Bundesbank macht deshalb derzeit gewaltige Verluste: Sie sitzt auf einem riesigen Berg von Staatsanleihen, die kaum Zinsen abwerfen, zahlt aber den Geschäftsbanken 4 % Zinsen für das Geld, das die Banken von der Bundesbank erhielten.

Ungefähr 1 Billion Euro (= 1000 Mrd Euro) halten deutsche Kreditinstitute bei der Bundesbank. Verzinst mit 4 % ergibt dies ein Zinseinkommen von rd. 40 Mrd Euro in diesem Jahr für die deutschen Banken und Sparkassen. In jedem kommenden Jahr realisieren sie ähnlich hohe Gewinne, solange Zinsen und Überschussreserven ungefähr gleich hoch bleiben.

Diese Zinseinkommen sind völlig ungerechtfertigt. Es handelt sich um absolut leistungslose Einkommen der Banken in Milliardenhöhe. Um das zu verstehen, muss man wissen, dass Zinseinkommen normalerweise durch drei Komponenten „gerechtfertigt“ sind: Erstens wird der Kreditgeber daran beteiligt, dass mit seinem Geld Projekte realisiert werden, die wirtschaftliche Erträge abwerfen. Zweitens erhält er eine Entschädigung dafür, dass er während der Laufzeit des Kredits auf sein liquides Geld verzichten muss. Drittens wird er für das Risiko entlohnt, dass der Kreditnehmer eventuell zahlungsunfähig wird und keine Rückzahlung erfolgt.

Bei den Überschussreserven der Kreditinstitute ist nichts davon der Fall: Erstens liegt das Geld einfach nur nutzlos bei der Zentralbank rum – es „arbeitet“ nicht. Zweitens sind die Bestände völlig liquide – die Kreditinstitute können es jederzeit für Zahlungen nutzen. Drittens tragen die Kreditinstitute keinerlei Risiko, denn die Zentralbank ist immer zahlungsfähig, weil sie das Geld selbst erzeugen darf.

40 Mrd Euro erhalten deutsche Kreditinstitute derzeit (jährlich), ohne dass dem irgendeine Leistung oder ökonomische Rechtfertigung gegenübersteht. Für die Deutsche Bank z. B. dürfte dieses ungerechtfertigte Zinseinkommen ungefähr so groß sein wie der gesamte Jahresgewinn, den die Deutsche Bank durch ihre Bankdienstleistungen erwirtschaftet.

Dem gegenüber stehen die Verluste der Deutschen Bundesbank. Die Bundesbank hat den Kreditinstituten die Staatsanleihen abgekauft, die praktisch keine Zinsen erbringen, zahlt aber jetzt 4 % Zinsen auf das Geld, mit dem sie diese Staatsanleihen gekauft hat. Deshalb schmelzen zur Zeit die Rücklagen der Bundesbank und bald wird sie Verluste in Milliardenhöhe ausweisen müssen.

Früher hat die Bundesbank Gewinne erwirtschaftet, die an den Bundeshaushalt abgeführt wurden. Jetzt erwirtschaftet sie Verluste und im Bundeshaushalt klafft ein großes Loch. Die Verluste entstehen, weil die Bundesbank (auf Geheiß der EZB) den Geschäftsbanken ungerechtfertigte, leistungslose Zinseinkommen überweist. Was liegt näher, als dass der Bundestag sich dieses Geld zurückholt? Es bedürfte nur eines Gesetzes, mit dem leistungslose Zinseinkommen aus Zentralbankguthaben mit 100 % besteuert werden können.

Ein solches Gesetz würde, wenn es noch für 2023 in Kraft träte, schon für 2023 40 Mrd Euro zusätzliche Steuereinnahmen ergeben. Die erneute Aussetzung der Schuldenbremse mit fadenscheiniger Begründung wäre unnötig. Für 2024 und die Folgejahre wären ähnlich hohe Einnahmen zu erwarten, solange sich an Zinsen und Überschussreserven nichts Grundlegendes ändert. Die Ausgaben des Klima- und Transformationsfonds (60 Mrd Euro über mehrere Jahre) wären solide finanziert. Selbst darüber hinaus könnte die Bundesregierung noch im Geld schwelgen. – Das wäre wahrscheinlich der einzige Nachteil dieses Vorschlags.

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